Stellungnahme zum Artikel «Weshalb die Schweiz bei Genitalverstümmelungen wegschaut», erschienen in der NZZ am 1.10.2024

Am 1. Oktober 2024 publizierte die NZZ einen Artikel, der die Wirkung der Arbeit von regionalen Anlaufstellen bezweifelt, das strafrechtliche Verbot aufgrund Art. 124 StGB als «Papiertiger» bezeichnet und Name sowie Präventionsbemühungen des Netzwerkes gegen Mädchenbeschneidung Schweiz in Frage stellt. Dazu beziehen wir Stellung.

Im Artikel «Weshalb die Schweiz bei Genitalverstümmelungen wegschaut» werden diverse Thesen aufgestellt, welche einer Stellungnahme bedürfen. Unsere Replik dazu: 

Artikel 124 StGB als «Papiertiger»

Artikel 124 des Strafgesetzbuches wird als «Papiertiger» bezeichnet, zumal es seit seiner Einführung im Jahr 2012 nur einmal – nämlich im Kanton Neuenburg – zu einer Verurteilung gekommen sei. Unbeachtet bleibt im Artikel allerdings die präventive Wirkung von Artikel 124 StGB: Gradmesser seines Erfolgs ist nämlich nicht nur die Anzahl von ergangenen Urteilen, sondern auch seine zentrale Bedeutung für die Präventions- und Beratungsarbeit. Dass das Netzwerk zwar den weiten Geltungsbereich von Artikel 124 StGB kritisiert, aber ein strafrechtliches Verbot von FGM/C ausdrücklich begrüsst, bleibt im Artikel unerwähnt.

«Bescheidene Wirkung» von regionalen Anlaufstellen

In den vergangenen Jahren durfte das Netzwerk gegen Mädchenbeschneidung Schweiz den Aufbau von zahlreichen regionalen Anlaufstellen im Bereich der Beratung bzw. medizinischen Versorgung erfolgreich begleiten. Die Wirkung dieser Anlaufstellen wird im Artikel pauschal als «bescheiden» abgetan, ohne allerdings Gründe hierfür zu nennen. Die Behauptung wird lediglich mit dem Hinweis untermauert, dass die Anzahl von betroffenen bzw. gefährdeten Mädchen und Frauen aufgrund der Zuwanderung aus praktizierenden Ländern zugenommen habe. Weshalb dies ein Indiz für eine bescheidene Wirkung der regionalen Angebote sein soll, bleibt offen. 

Unzureichende Erreichung von Betroffenen

Auch würden Betroffene durch das Netzwerk gegen Mädchenbeschneidung Schweiz «kaum erreicht». Auch diese Feststellung entbehrt jeglicher Grundlage: Das Netzwerk arbeitet mit über 50 Multiplikator*innen zusammen – meist Frauen, welche selbst betroffen sind. Diese leisten wertvolle Präventionsarbeit in ihren Gemeinschaften, treten als Referent*innen im Rahmen von Weiterbildungen auf oder fungieren als Dolmetschende bei Beratungsgesprächen. Einige dieser Multiplikator*innen waren es auch, welche bei Gründung des Netzwerkes in die Namensgebung involviert waren – jener Name, welcher die Journalistin als «euphemistisch» bezeichnet. 

Schliesslich wird im Artikel behauptet, dass in der somalischen Community in Genf Beschneidungen vorgenommen würden. Wir hoffen, dass derart schwerwiegende Beschuldigungen auf soliden, überprüfbaren Fakten beruhen und den Behörden strafrechtlich relevante Vorgänge gemeldet werden. Falls es sich bloss um ein Gerücht handelt, erscheint uns dessen Reproduktion von einem seriösen Medium wie der NZZ jedoch verantwortungslos.

Stellungnahme zum Artikel «Weshalb die Schweiz bei Genitalverstümmelungen wegschaut», erschienen in der NZZ am 1.10.2024

Dokumente/Links


https://www.maedchenbeschneidung.ch/netzwerk/aktuelles/artikel/stellungnahme-zum-artikel-weshalb-die-schweiz-bei-genitalverstuemmelungen-wegschaut-erschienen-in-der-nzz-am-1102024

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21.11.2024