Urteil: Schweiz wird wegen zu hohen Anforderungen beim Familiennachzug gerügt

Die Schweiz verwehrt vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen den Familiennachzug, weil die Geflüchteten auf Sozialhilfe angewiesen waren. Zu Unrecht, befindet der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem anfangs Juli veröffentlichten Urteil. Das Netzwerk gegen Mädchenbeschneidung Schweiz begrüsst diesen Entscheid.

Der Gerichtshof in Strasburg kommt in seinem anfangs Juli 2023 veröffentlichten Entscheid zum Schluss, dass die Schweiz mit der verweigerten Familienzusammenführung von vier vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen das Recht auf Achtung des Familienlebens verletzt hat. Dabei wurden die Abweisungen meist mit dem Kriterium der Sozialhilfeabhängigkeit begründet. So lehnte das Bundesverwaltungsgericht das Gesuch einer Vollzeit arbeitenden Person ab, weil das Einkommen nicht zum Unterhalt einer ganzen Familie ausreiche. 

Die Bedingungen für den Familiennachzug bei vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen sind zu streng, befand der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Das Kriterium der Sozialhilfeabhängigkeit dürfe nur als eines von mehreren in einer Gesamtschau gewürdigt werden. Auch sei zu berücksichtigen, wenn sich eine betroffene Person nachweislich bemüht habe, finanziell eigenständig zu werden. 

Das Netzwerk gegen Mädchenbeschneidung Schweiz begrüsst dieses Urteil. Die nationale Anlaufstelle berät immer wieder Ratsuchende, deren im Herkunftsland verbliebene Kinder von einer Beschneidung bedroht sind. Der Familiennachzug ist angesichts der hohen Anforderungen meist nicht möglich. Das Netzwerk wird mit Spannung beobachten, welche Auswirkungen das Urteil in der Schweizer Rechtsprechung haben wird.  

Urteil: Schweiz wird wegen zu hohen Anforderungen beim Familiennachzug gerügt

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18.07.2023